Ein geheimes Konto in der Schweiz könnte Uli Hoeneß teuer zu stehen kommen. Nach einer Selbstanzeige beim Finanzamt geht es für den Präsidenten des FC Bayern München nicht nur um Geld und Straffreiheit, sondern auch um sein Ansehen, das nach den Enthüllungen des Wochenendes mehr als angekratzt ist. Das öffentliche Bild des streitbaren Vordenkers und populären Klartextredners mit hohen Wertvorstellungen über den Fußball hinaus muss womöglich ganz neu gezeichnet werden. Personelle Konsequenzen beim Rekordmeister schloss Hoeneß für sich vorerst aus. «An einen Rücktritt als Aufsichtsratsvorsitzender bei Bayern München denke ich nicht», sagte er der «Sport Bild Plus». Da der Chef des Gremiums der Aktiengesellschaft stets auch Präsident des eingetragenen Vereins ist, gilt diese Aussage für beide Ämter.
Hoeneß reichte Selbstanzeige am Januar 2013 ein
Hoeneß kündigte zudem seinen Besuch des Halbfinal-Hinspiels in der Champions League am Dienstag in der heimischen Allianz Arena an. «Gegen Barcelona bin ich auch wieder im Stadion», sagte er. Beim 6:1-Sieg im Bundesligaspiel am Samstag bei Hannover 96 saß der Präsident nicht auf der Tribüne. Die Staatsanwaltschaft München II ermittelt gegen den 61 Jahre alten Sportfunktionär und Unternehmer wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung, wie der «Focus» in seiner neuen Ausgabe schreibt. Das Nachrichtenmagazin, dessen Herausgeber Helmut Markwort dem Verwaltungsbeirat des FC Bayern angehört, berief sich auf Oberstaatsanwalt Ken Heidenreich und Hoeneß selbst. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer erklärte, schon seit längerem Kenntnis von dem Verfahren zu haben. Der «Focus» zitierte aus einer schriftlichen Stellungnahme, die Hoeneß dem Magazin übermittelt habe: «Ich habe im Januar 2013 über meinen Steuerberater beim Finanzamt eine Selbstanzeige eingereicht.» Diese hänge «mit einem Konto von mir in der Schweiz» zusammen.
“Ich muss mit den Behörden meine Hausaufgaben machen”
Laut Oberstaatsanwalt Heidenreich sei die «Prüfung auf Wirksamkeit und Vollständigkeit der Selbstanzeige» Gegenstand des Verfahrens. Belegbare Angaben über die im Raum stehenden Summen gibt es nicht. Auch eine Sprecherin der Münchner Staatsanwaltschaft wollte keine näheren Angaben zum Fall machen. Hoeneß will sich aber erst zu einem späteren Zeitpunkt wieder zur Steuercausa äußern. «Ich darf im Moment nichts sagen, denn ich befinde mich in einem schwebenden Verfahren», sagte er der «Süddeutschen Zeitung». «Sie können sich vorstellen, dass mir vieles auf der Zunge liegt, aber ich muss erst mit den Behörden meine Hausaufgaben machen.» Seehofer sagte der Onlineausgabe der Münchner «Abendzeitung» am Samstag bei einem Termin in München, er sei bereits vor «einer geraumen Zeit» über das Verfahren informiert worden. «Das müssen jetzt die Justiz- und Finanzbehörden regeln.»
Reaktionen in der Politik
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hielt sich zurück. «Jeder Kommentar von mir wäre einfach falsch», erklärte er auf einer Dienstreise in Washington. Die politische Opposition im Bund und in Bayern hielt sich im Wahlkampfjahr dagegen nicht mit lauter Kritik an den Unionsparteien und dem CSU-Sympathisanten Hoeneß zurück. «Mich enttäuscht, dass jemand wie Uli Hoeneß, der Leistung, Disziplin und Geradlinigkeit unerbittlich wie kaum ein anderer fordert, beim Steuerzahlen Anspruch und Wirklichkeit nicht in Übereinstimmung bekommt», sagte NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans. Florian Pronold, Chef der Bayern-SPD, urteilte: «Uli Hoeneß ist kein Vorbild mehr.» Sylvia Schenk, die Sportbeauftragte der Anti-Korruptions-Organisation Transparency International, sieht Hoeneß beschädigt.
Keine Verbindung zum Spiel gegen Barca
Selbstanzeigen eröffnen Steuerhinterzieher grundsätzlich die Möglichkeit, nachträglich Straffreiheit zu erlangen, wenn dies dem Fiskus verborgene Steuerquellen erschließt. Hoeneß sagte laut «Focus», dass er die Angelegenheit ursprünglich über das von der Bundesregierung aus Union und FDP angepeilte Deutsch-Schweizer Steuerabkommen habe regeln lassen wollen. Auch wenn den FC Bayern die «Privatangelegenheit» (Trainer Jupp Heynckes) des Präsidenten zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt trifft, erwarten die sportlich Verantwortlichen keine Auswirkungen auf das Champions-League Spiel gegen den FC Barcelona am Dienstag. «Das in irgendeine Verbindung mit Barcelona zu setzen, ist völliger Quatsch», sagte Sportvorstand Matthias Sammer. Als Beweis konnte er den Sieg der Münchner Profis in Hannover anführen. «Uli Hoeneß ist für uns natürlich ein wichtiger Mann, aber wir äußern uns dazu nicht und das belastet uns überhaupt nicht», versicherte Heynckes. Dass Hoeneß in Hannover nicht im Stadion war, ist ein seltenes Ereignis beim FC Bayern. Mit der Steueraffäre belastet Hoeneß «seinen» Club ausgerechnet in einer Saison, in der die Mannschaft mit dem Gewinn des Triples sein sportliches Lebenswerk krönen könnte. (dpa)
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